Am Sonntag, den 26. November 2023, wurde im Museum St. Wendel eine neue Dauerausstellung zur Kunst- und Kulturgeschichte der Stadt St. Wendel eröffnet. Nach eineinhalbjähriger Konzeptions-, Planungs- und Umbauzeit ist die Dauerausstellung über das Leben und Werk der St. Wendeler Malerin Mia Münster (1894 – 1970) um die Präsentation weiterer St. Wendeler Persönlichkeiten aus dem späten 18. und 19. Jahrhundert erweitert. Im Mittelpunkt dieser Ausstellung steht nicht die chronologische Abfolge historischer Ereignisse, sondern die Darstellung historischer Persönlichkeiten der Stadt anhand ihres Lebens und Wirkens, wodurch sowohl kulturhistorische als auch stadtgeschichtliche Aspekte beleuchtet werden.
Die neu gestaltete Ausstellungsfläche erstreckt sich über etwa 150 Quadratmeter und bietet eine Abfolge von prägnanten Themeninseln zur Stadt- und Kunstgeschichte. Diese werden von zusätzlichen Zwischenthemen flankiert, darunter Porträtmalerei, Pastelltechnik, der Übergang von der Pastellmalerei zur Fotografie, Kinderporträts, Bronzeguss und Mode. Das Museum verfügt über die größte Sammlung von Pastellporträts von Nikolaus Lauer (1753-1824) und seinen Schülern, die nun wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Diese Porträts zeigen Mitglieder der St. Wendeler Gesellschaft, von denen einige biografisch bekannt sind, während bei anderen lediglich Namen oder Berufe überliefert sind. Sie alle sind Zeitzeugen, die Einblicke in den gesellschaftlichen Wandel jener Zeit geben. Dieser Wandel spiegelt sich auch in Lauers künstlerischem Werdegang wider: Der in St. Wendel geborene Maler, der nach seiner Ausbildung zunächst Hofmaler am Hof von Karl II. August, Herzog von Pfalz-Zweibrücken, wurde, sich dann in Leipzig und Dresden aufhielt, bevor er als Hofmaler am Preußischen Hof in Berlin tätig war und schließlich zum Porträtisten der Bürgerschaft in St. Wendel wurde. Die rund 30 Pastelle in der Ausstellung erstrecken sich über einen Zeitraum von den frühesten und wertvollsten Elternporträts von Nikolaus Lauer bis zum Niedergang der Pastellmalerei, als diese der aufkommenden Fotografie weichen musste.
Auch der Komponist Philipp Jakob Riotte (1776 – 1856) verließ seine Heimatstadt St. Wendel und wurde in den 1830er Jahren einer der am häufigsten aufgeführten Komponisten in Wien. Besonders hervorzuheben sind seine Klarinettenkonzerte, die in der Tradition der Kompositionsweise von W.A. Mozart stehen, sowie die Musik, die er für Kinderballette komponierte. Unter den ausgestellten Originalpartituren befindet sich auch eine Sonate für Klavier und Violine, die Philipp Jakob Riotte der Herzogin Luise von Sachsen-Coburg und Saalfeld gewidmet hat und die an einer Hörstation für die Besucher zu hören ist.
Die Lebensgeschichte der Herzogin Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld (1800 -1831) ist eng mit der Stadtgeschichte von St. Wendel verbunden. Aus ihrer Ehe mit Herzog Ernst von Sachsen-Coburg-Saalfeld gingen die Söhne Ernst und Albert hervor, letzterer wurde später der Prinzgemahl von Königin Viktoria von England. Nach der Geburt ihrer Söhne kam es zunehmend zu Konflikten zwischen den Eheleuten, die schließlich zur Trennung des herzoglichen Paares führten. 1824 wurde Luise nach St. Wendel, der Hauptstadt des damals zum Herzogtum Sachsen-Coburg gehörenden Fürstentums Lichtenberg, „verbannt“. Zitate aus erhaltenen Briefen von Luise sowie ein Stopp-Motion-Film der Künstlerin Lydia Kaminski veranschaulichen das Leben der Herzogin in einem bürgerlichen Umfeld.
Selbstverständlich ist auch ein Ausstellungsteil dem Namensgeber der Stadt gewidmet, dem heiligen Wendelin. Er spielt sowohl in Bezug auf die Stadtentwicklung als auch das religiöse Leben und die damit verbundenen Traditionen eine zentrale Rolle. Der historische Wendelin ist Teil der iro-schottischen Missionsbewegung. Im Zeitraum vom 6. bis zum 8. Jahrhundert reisten irische und schottische Mönche durch Mitteleuropa, um das Christentum zu verbreiten. Bereits im 10. Jahrhundert setzte eine ausgeprägte Wallfahrtsbewegung zu seinem Grab ein. Das Museum besitzt einige Kunstwerke, die den heiligen Wendelin oder seine Heiligengeschichte darstellen. Das bedeutendste Werk ist ein 21-teiliger Gemäldezyklus aus dem frühen 18. Jahrhundert. Dieser detaillierte Zyklus erzählt das Leben des heiligen Wendelin von seiner Geburt bis zu den Wundern nach seinem Tod auf Grundlage der Legende, die 1704 von Pfarrer Nikolaus Keller verfasst wurde.
Einen chronologischen Überblick über die Stadtgeschichte bietet die Medienstation „Rad der Zeit“. In Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv St. Wendel werden dort die wichtigsten historischen Epochen der Stadtgeschichte sowie Ereignisse bis in die jüngste Vergangenheit mit Abbildungen und kurzen Texten dargestellt. Eine Wandinstallation aus ausgewählten Reproduktionen und Originalstücken ergänzt die digitale Vermittlungsebene.
Die Ausstellungskonzeption und deren inhaltliche Umsetzung wurden in Zusammenarbeit mit der Kunsthistorikerin und Kuratorin Dr. Anja Kalinowski entwickelt.
Die moderne Ausstellungsarchitektur, geplant von dem Büro für Museumsgestaltung Schwarz-Düser (Karlsruhe), sorgt mit analogen Mitmachstationen, Sitzgelegenheiten und der individuell wählbaren Wegführung für eine abwechslungsreiche Vermittlung für alle Altersgruppen.